Im Jahr 1980 berichtete der amerikanische Augenarzt Arthur Scott erstmals über die erfolgreiche Behandlung des Schielens mit Botulinumtoxin. Etwa ein Jahrzehnt später bemerkte die kanadische Augenärztin Dr. Jean Carruthers, dass bei ihren ebenfalls schielenden Patienten nach der Behandlung eine sichtbare Reduktion der Gesichtsfalten zu verzeichnen war. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Dr. Alistair Carruthers, damals Professor für Dermatologie an der Universität Vancouver, veröffentlichten sie zahlreiche Arbeiten über die nun gezielte Behandlung von Falten im Gesichtsbereich mit Botulinumtoxin. Beide zusammen gelten als die Pioniere der ästhetischen Botulinumtoxin-Behandlung.
Die Entstehung von Falten im Gesichtsbereich ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Neben äußeren Einflüssen (Sonne, Rauchen, etc.) spielt eine zumeist unwillkürliche Überaktivierung der Gesichtsmuskulatur eine entscheidende Rolle. Im Laufe der Jahre nimmt die Elastizität des Bindegewebes ab und durch eine ständige verstärkte Kontraktion der sogenannten mimischen Muskulatur kommt es zur Ausbildung von bleibenden Falten. Mehr oder weniger starke psychische Belastungen, wie zum Beispiel alltäglicher Stress, führen unweigerlich zu einer solchen Überaktivierung der Muskulatur im Gesichtsbereich und damit zur Faltenentstehung. Natürlich unterliegt all dies einer individuellen genetischen Veranlagung.
Das Ziel einer Botulinumtoxin-Behandlung ist es, ein entspanntes und
harmonisches Aussehen des Gesichts zu schaffen.
Durch eine gezielte Injektion des Wirkstoffs Botulinumtoxin im Rahmen eines
individuell erstellten Behandlungsschemas wird eine
Entspannung der Gesichtsmuskulatur erreicht. Dies bewirkt eine Glättung der
Haut, eine Reduzierung der Falten und schließlich ein jüngeres und
frischeres Aussehen.
Es kommt nach der
Botulinumtoxin-Injektion nicht zu einem maskenhaften Aussehen des Gesichts,
wenngleich dies durch entsprechende Steigerung der Wirkstoffmenge möglich ist.
Als vordergründiges Behandlungsziel sollte ein harmonisches und vor allem
natürliches Gesamtkonzept stehen.
Äußert wichtig bei einer Behandlung mit Botulinumtoxin ist die Berücksichtigung von individuellen Voraussetzungen und Behandlungswünschen. Diese sollten in einem persönlichen Aufklärungsgespräch ausführlich eruiert und besprochen werden. So können im Rahmen der Möglichkeiten klare Behandlungsziele definiert, aber auch eventuell unrealistische Erwartungen aufgedeckt werden. Zu einem Aufklärungsgespräch gehört ebenfalls, dass mögliche Kontraindikationen für eine Behandlung abgefragt werden, sowie dass über denkbare, wenngleich auch sehr selten vorkommende, Komplikationen gesprochen wird. Schließlich sollte das individuell Besprochene in einem Aufklärungsbogen festgehalten werden. Zwischen dem Aufklärungsgespräch und der eigentlichen Behandlung sollte eine ausreichende Bedenkzeit bestehen.
Die häufigsten Anwendungsgebiete für Botulinumtoxin sind die Zornesfalte (Glabella),
die Stirnfalten (Denkerfalten) und die Krähenfüße (Falten seitlich der Augen).
Daneben gibt es eine Reihe weiterer Behandlungsmöglichkeiten, wie das sog. Pflastersteinkinn,
Unterlidfalten, Mundfalten oder Falten im Bereich der Nasenwurzel.
Die Abbildungen zeigen schematisch die Gesichtsmuskulatur. Genaue anatomischen
Kenntnisse ermöglichen eine gezielte Injektion des Wirkstoffs.
Erwähnenswert ist, dass verschiedene Pharmaunternehmen Präparate
mit dem Wirkstoff Botulinumtoxin herstellen. Aktuell existieren für einige davon
Zulassungen für die kosmetische Behandlung der Glabella (Zornesfalte). Möchte man andere Areale
behandeln, so erfolgt dies üblicherweise als sog.
Off-Label-Use.
Die eigentliche Behandlung findet in einer entspannten Position im Sitzen oder Liegen
statt. Es kann hilfreich sein, dass der Arzt Markierungen zur genauen Orientierung
vornimmt. Die Menge des Arzneimittels und Injektionsareale sind im Rahmen eines erstellten
Behandlungsplans festgelegt worden.
Der Arzt spritzt den Wirkstoff Botulinumtoxin
in genau definierte Bereiche der mimischen Muskulatur. Die dabei verwendeten Nadeln
sind so fein, dass man den Einstich kaum merkt und allenfalls geringe Schmerzen
verspürt. Diesselben Nadeln werden beispielsweise von Diabetikern benutzt, welche sich mehrmals
am Tag selbst spritzen. Gegebenfalls können die entsprechend unterspritzten Bereiche vor und
nach der Behandlung gekühlt werden, um der Bildung von kleinen Blutergüssen vorzubeugen.
Unmittelbar nach einer Behandlung mit Botulinumtoxin sollten Massagen im entsprechenden Areal, Hitze, Sauna oder direkte Sonneneinstrahlung vermieden werden. Es gibt keine Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit oder Arbeitsfähigkeit, man kann direkt danach seinen üblichen Tätigkeiten nachgehen.
Nach einer Injektion tritt der Effekt der Muskelentspannung nach 2-10 Tagen ein und hält ca. 3-6 Monate, in Ausnahmefällen auch länger an.
Man unterscheidet sog. absolute und relative Kontraindikationen (auch Gegenanzeigen).
Bei einer absoluten Kontraindikation sollte ein Verfahren keinesfalls angewandt
werden. Im Gegensatz dazu kann bei einer relativen Gegenanzeige unter Abwägen
der Vor- und Nachteile eine Procedur dennoch durchgeführt werden.
Die Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten stellt eine relative Kontraindikation
dar, hier muss der Arzt unter genauer Risikoeinschätzung entscheiden, ob er eine Behandlung
durchführt. Der Patient muss über ein entsprechend erhöhtes Risiko aufgeklärt sein.
Liegen eine Allergie oder Überempfindlichkeit gegen Bestandteile des Arzneimittels
oder eine Infektion im Behandlungsareal vor, so darf eine Behandlung
unter keinen Umständen durchgeführt werden. Ebenfalls sollte eine Botulinumtoxin-Therapie
bei Vorliegen von muskulären Erkrankungen mit Befall der Gesichtsmuskulatur wie
der Mysthenia gravis oder einem Lambert-Eaton-Syndrom ausbleiben. Für Schwangerschaft
und Stillzeit gibt es keine nachgewiesenen schädigenden Auswirkungen, jedoch verbietet sich
hier aus Sicherheitsgründen eine solche Therapie. Nach einer Antibiotika-Therapie
mit einem Aminoglykosid oder Spectinomycin sollte eine Zeit von mindestens 3 Tagen
bis zur Behandlung vergangen sein.
Eine Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Botulinumtoxin-Therapie e.V. als
Botulinumtoxin-Anwender sichert eine entsprechende Ausbildung und Qualität der
Behandlung.
Wie bei allen medizinischen Therapieformen sind auch hier Komplikationen
denkbar. Studien belegen jedoch, dass die Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin eine sehr
risiko- und nebenwirkungsarme Therapie bei gleichzeitig großer Zufriedenheit
des Behandlungsergebnisses ist.
Wenngleich sehr selten, so sind u.a. Hämatome und Schwellungen im
Bereich der Einstichstelle, Schmerzen beim Injizieren und danach oder eine Infektion
denkbar. Ebenso können unbeabsichtige lokale Muskelschwächen auftreten.
Eine der gefürchteten Nebenwirkungen ist ein Herabhängen des Augenlids nach Behandlung
der Glabella, welche jedoch bei korrekter Injektionsweise und dem Fehlen
anatomischer Besonderheiten so gut wie ausgeschlossen ist.
Von echten Komplikationen abzugrenzen sind unerwünschte Behandlungsergebnisse.
Dies sind im medizinischen Sinne keine echten Komplikationen, jedoch ist das vom
Patienten gewünschte Ergebnis nicht vollständig bzw. nicht wunschgemäß erreicht.
In Regel können solche "Komplikationen" durch eine Nachbehandlung korrigiert werden.
Bei Bedarf kann hierzu etwa 2 Wochen nach der ersten Behandlung eine Evaluation
des Ergebnisses erfolgen. Sollten dann zum Beispiel Asymmetrien vorliegen, so kann
auf der entsprechenden Seite nachgespritzt werden. Als weiteres Beispiel sind hier
die sogenannten "Mephisto-Augenbrauen" zu nennen. Nach einer Behandlung der
Stirnfalten können die seitlichen Augenbrauen deutlich höher als dem ästhetischen
Wunsch entsprechend stehen. Auch dies kann durch eine Nachinjektion einfach behoben
werden.
Bei dauerhafter, vor allem regelmäßiger Anwendung von Botulinumtoxin kommt es zu einer besseren Wirksamkeit des Medikaments. Die hyperaktive Muskulatur bildet sich zurück und somit wird eine dauerhafte Reduktion der Faltenbildung begünstigt.
Lag früher das Hauptaugenmerk der ärztlichen Tätigkeit auf kleinen oder großen Operationen zur Verwirklichung des ästhetischen Ziels, so bestehen heutzutage weniger "einschneidende" Möglichkeiten, also ohne Skalpell, dieselben Ziele zu verwirklichen. So existieren neben einer Faltenbehandlung mit Botulinumtoxin die Möglichkeiten des Unterspritzens mit Füllstoffen (Fillern) oder Eigenfett bzw. einer Laserbehandlung. Schließlich besteht nach wie vor die Möglichkeit einer Operation, zum Beispiel die Durchführung eines Faceliftings oder einer operativen Lidstraffung. Natürlich bürgen diese Verfahren neben operativen Komplikationen auch die Risiken einer Narkose.
Ja, Botulinumtoxin wird zum Beispiel zur Behandlung eines muskulären Schiefhalses (Torticollis spasmodicus), bei krampfhaftem Lidschluss (Blepharospasmus) und bei vermehrter Schweißsekretion der Achseln (Hyperhidrosis axillaris) erfolgreich eingesetzt. Bei Kindern mit infantiler Zerebralparese wird das Medikament regelhaft zur Reduktion von Spastiken verwendet. Ebenfalls erfolgt die Behandlung bestimmter Kopfschmerzarten mit Botulinumtoxin, dieser Bereich ist aktuell Gegenstand intensiver Forschungstätigkeiten. Nicht wenige Patienten verspüren nach einer Botulinumtoxin-Behandlung im Gesicht als "Nebeneffekt" deutlich weniger Kopfschmerzen als vorher.
Bei weiteren Fragen oder Wünschen nutzen Sie bitte die Kontaktseite.